Erfahrungsbericht von Benjamin Schöter (Abiturjahrgang 2009)

Der Verfassser. Foto: privat

Es soll Schüler geben, die schon während ihrer Zeit in der Schule minutiös ihren weiteren Berufsweg planen. Ich gehörte nicht dazu. Mir war es wichtig, nach dem Abitur mich erst einmal umzuschauen und zu sondieren, welche Studiengänge und Berufe für mich in Frage kommen.

So schrieb ich mich im Winter­se­mester 2009/10 an der Universität Kassel für den Bachelor-Studien­gang Soziologie ein. Nicht aus purer Überzeugung, eher aus dem vagen Interesse heraus, etwas mit Menschen und Gesellschaft zu studieren. Bis heute faszinieren mich Menschen und ihr soziales Verhal­ten sehr. Mein Interesse an der Soziologie ist heute nach wie vor groß, je­doch konkretisierte sich mit der Zeit der Wunsch, etwas mehr Anwen­dungs­bezug im Studium zu haben. So traf ich die Entscheidung, Erziehungs- und Bildungswissenschaft an der Philipps-Universität Marburg zu studieren.

Erziehungs- und Bildungswissenschaft –
was ist das?

Der Bachelor Erziehungs- und Bildungswissenschaft, den ich mittlerweile im fünften Semester studiere, hieß früher Diplom-Pädagogik. Im Rahmen der Bologna-Reform und geplanter Internationalisierung der Hochschulen erfolgte die Umstellung auf das Bachelor- und Mastersystem. Die Erziehungswissenschaft beschäftigt sich – wie ihr Name schon sagt – mit Fragen zur Erziehung und Bildung des Menschen in unterschiedlichsten Kontexten. Wieso ist der Mensch auf Erziehung angewiesen? Wie soll erzogen und gebildet werden? Wer ist von Bildung potenziell ausgeschlossen und wie kann dies behoben werden? Etwa so lauten gängige Fragen, mit denen sich Studierende meines Studiengangs beschäftigen.

Im Studium ist es möglich, verschiedene Schwerpunkte zu legen. Man kann sich auf Sozial- und Rehabilitationspädagogik oder außerschulische Jugend- und Erwachsenenbildung spezialisieren. Die Sozial- und Rehabilitationspädagogik behandelt Themenfelder, die auf den Umgang Menschen, die in irgendeiner Form benachteiligt sind (etwa durch eine Behinderung, Exklusion, besondere Lebensumstände) vorbereiten sollen. In der außerschulischen Jugend- und Erwachsenenbildung sind politische Jugendbildung oder Weiterbildung für Erwachsene wichtige Themen.

Studienort Marburg. (*)

Trotz dieser Schwerpunkte sind Studierende später nicht automatisch auf diese Themenfelder begrenzt. Erziehungs- und Bildungswissenschaftler bzw. Diplom-Pädagogen finden sich in vielen Tätigkeitsfeldern der Berufslandschaft; als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, Schulsozialarbeiter oder an Volkshochschulen. An der Entwicklung von neuen Unterrichtsmodellen und Beschulungsformen sind sie ebenfalls beteiligt – etwa in Schulämtern oder in Kultusministerien. Mit dem Masterstudiengang, der an den Bachelor-Abschluss angeschlossen werden kann, ist zudem eine weitere Spezialisierung möglich.

Alte Weisheit stimmt:
„Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm“

Nach wie vor interessiere ich mich sehr für die Soziologie, was sich in meinem Studiengang ebenso verwirklichen lässt. Im Nebenfachstudium (was begleitend zum Hauptfach studiert werden muss) belege ich drei Soziologie-Veranstaltungen pro Woche.

Die Soziologie interessiert sich für verschiedenste Fragen, die allesamt mit der Gesellschaft in Verbindung stehen. Wie ist in Anbetracht so vieler verschiedener Menschen, Sitten und Meinungen überhaupt ein friedliches (funktionales) miteinander möglich? Wieso steckt in der alten Weisheit „der Apfel fällt nicht weit vom Stamm“ so viel Wahrheit? Wie organisieren sich Gruppen, wie gestalten sich Institutionen? Wie hat sich das Leben der Menschen von der traditionalen Gesellschaft über die moderne bis zur postmodernen, heutigen Gesellschaft verändert?

Um mit Spaß und Engagement zu studieren, sollte ein gewisses Interesse an Gesellschaft und menschlichem Handeln aller Art bei beiden Studiengängen vorhanden sein. Ich verspreche nicht zu viel, wenn ich behaupte, dass der Blick, mit dem man die Welt und seine Umgebung wahrnimmt, sich verändern wird. Ich empfinde das als eine Bereicherung. Eines jedoch darf man nicht erwarten: Konkrete Antworten und Handlungsanleitungen, mit denen man die spätere Berufspraxis jederzeit meistern kann. Menschen sind verschieden, weshalb auch Hilfen oder Bedürfnisse jedes Mal individuell angepasst werden müssen. Alles andere wäre ja auch eintönig, oder?

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Linksunten: Philipps-Universität Marburg

Institut für Erziehungswissenschaft

Fachbereich Soziologie

(*) Bild/Gestaltung: Andreas Bubrowski