Rechnen mit Logarithmen:
Wandeln auf den Pfaden des Herren

Logarithmus- und die eng damit verbundene Exponentialrechnung haben die Mehrzahl der Menschen im Mathematikunterricht nie kapiert. Dabei scheint unser Leben von Logarithmen geradezu vorgezeichnet. Ohne Logarithmus könnten Physiker nicht Flugbahnen von Raketen berechnen. Chemiker wüssten nichts von der Halbwertzeit radioaktiver Stoffe und der Anlageberater der Bank würde sich im Geflecht von Zinsen und Zinseszinsen hoffnungslos verheddern

Klassenarbeit Gymnasium 10e

Und wenn ein TV-Sender behauptet, nach der Befragung von 2.000 Zuschauern zu wissen, dass 60 Prozent ALLER Zuschauer seine Sendung gesehen hätten, dann muss MINDESTENS EIN Mitarbeiter verfügbar gewesen sein, der mit Logarithmen rechnen konnte. Doch auch in der Natur ist der Logarithmus allgegenwärtig. Eine Logarithmus-Spielart ist dabei von besonderer Faszination: Die mit dem Goldenen Schnitt und dem Goldenen Rechteck verbundene logarithmische Spirale. Im staubtrockenen Mathematikdeutsch wird die logarithmische Spirale so erklärt: Logarithmische Spirale heißt eine Kurve, die alle Strahlen, die vom Koordinatenursprung 0 ausgehen, unter dem gleichen Winkel α schneidet.

Die Gleichung dazu lautet:

Logarithmusspirale (Abb.: Bronstein u. a.,
„Taschenbuch der Mathematik“,
Frankfurt am Main 2005)

Dass es sich hierbei um die Gleichung für die Darstellung in Polarkoordinaten handelt, muss man nicht unbedingt auf Anhieb wissen. Obwohl – die Motten wissen es, denn sie fliegen präzise auf einer Bahn ins Licht, die der Logarithmusspirale entspricht. Auch Schnecken kennen sich scheinbar gut aus: Die Spiralform ihrer Häuser entspricht der Bildungsvorschrift dieser Gleichung. Aber auch Pflanzen scheinen logarithmuskundig. Zum Beispiel sind Farnblätter oder der Samen der Sonnenblume wie eine Spirale strukturiert.

Simulierter Mottenflug
(Abb.: „Architektur des Lebens,“
Verlag Volk u. Wissen, Berlin 2003)

Im All finden sich Spiralnebel und in Kristallen spiralförmige Gitterstrukturen. Ganz gleich, ob Makro- oder Mikrokosmos, Logarithmen begegnen uns auf Schritt und Tritt. Der hessische Lehrplan sieht für den gymnasialen Bildungsgang aus gutem Grund 30 Stunden für Exponential- und Logarithmusfunktionen vor. Schließlich hat es den Eindruck, man wandle beim Berechnen von Logarithmen auf den „Pfaden des Herrn,“ als ob man mit der Konzeption des manifestierten Universums direkt verbunden wäre.

Abb.: Prof. Dr. Herbert Henning, Otto-von-Guericke-Universität, Magedeburg

Und wie sehen das die Schüler? Erst manche grübelnde (ich kapiere das nicht), dann viele strahlende (ahaaaaa) Gesichter. In den letzten Wochen wurde darüber öfters die Pause schlicht vergessen. Ein Religionskollege beschwerte sich im Scherz, dass die Schüler nach Mathematik ganz absorbiert wären, gar nicht mit Debattieren aufhören würden. Die Ergebnisse der Klassenarbeit zum Thema können sich sehen lassen.

Abb.: Prof. Dr. Herbert Henning, Otto-von-Guericke-Universität, Magedeburg

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Prof. Dr. Herbert Hennig, Otto-von-Guericke-Universität

Uni Magdeburg/Fakultät für Mathematik

Story zur Goldenen Zahl (mit umfassender Linkliste)

(Text/Bild: Andreas Bubrowski)