Wochenplanung: Hausaufgaben sind wie frische Brote
Manche unserer Schüler, würden sie bei einem Bäcker eine Ausbildung beginnen, könnten schon nach der ersten Woche mit Entlassung rechnen.
Sieht witzig aus, ist aber WEDER ein Kalender NOCH ein Hausaufgabenheft, ist bestenfalls als Tagebuch geeignet (*)
Zumindest wenn der Bäckermeister sie mit der Annahme von Brotbestellungen für das Wochenende betrauen würde.
Nehmen wir an, die ersten Brotbestellungen gehen am Mittwoch ein. Fünfzehn. Donnerstag dann 24. Freitag sogar 31. Insgesamt 70 Vorbestellungen FÜR SAMSTAG. In der Nacht auf Samstag macht sich unser Bäckermeister in der Früh auf in die Backstube. Er nimmt das Bestellbuch. Öffnet SAMSTAG. Und fällt fast ins Mehlfass. LEER. Nicht eine einzige Bestellung. Aber wieso. Er hat doch selbst gehört, wie der Stift immer wieder Bestellungen angenommen und aufgeschrieben hat? Er hat. Nur nicht am Samstag, am Tag der Fälligkeit. Sondern am Mittwoch, Donnerstag, Freitag… In der Schule hat er gelernt, Kalender RETROSPEKTIV zu führen.
Kalender, der nicht PROSPEKTIV ist, ist keiner
Aus unerklärlichen Gründen traut man Grundschülern in Hessen NICHT zu, ihr Hausaufgabenheft wie einen ganz normalen Terminkalender zu führen, PROSPEKTIV! Ihnen wird stattdessen beigebracht, Hausaufgaben an dem Tag, an dem sie aufgegeben werden, einzuschreiben. Begründung: Alle Hausaufgaben sollen gleich am selben Tag erledigt werden. WARUM eigentlich, mag man sich fragen. Warum den Kleinen nicht schon früh beibringen, mit ihrer Zeit INTELLIGENT umzugehen. Eine Aufgabe, die erst in zwei oder drei Tagen fällig ist, MUSS nicht zwingend heute, kann auch morgen noch erledigt werden. Vielleicht ist morgen ein Tag mit weniger Aufgaben. Heute einer mit vielen…
Schlimmer aber ist, dass die Kinder de facto eine Schulzeit OHNE ZUKUNFT haben. Zumindest was Hausaufgaben angeht. Wann immer sie ins Hausaufgabenheft sehen. Morgen, übermorgen, nächste Woche – alles leer, nichts da, was vielleicht Erinnerungen an zurückliegende Stunden wachrufen könnte. Der abendliche prüfende Blick ins Hausaufgabenheft, um sich ein Bild von dem zu machen, was am nächsten Schultag anliegen könnte – völlig sinnlos. Es steht ja nichts drin! Hausaufgaben, werden – gezwungenermaßen – mechanisch SOFORT erledigt. Und sind dann auch innerlich erledigt. Der eigentliche Zweck von Hausaufgaben, Gelerntes zu festigen und zur nächsten Stunde verfügbar zu haben, geht weitgehend verloren. Und das umso mehr, je mehr Tage bis zur nächsten Stunde vergehen.
Die Woche clever planen
Es hat viele Vorteile, Hausaufgaben wie eine Brotbestellung zu behandeln. Also an dem Tag einzuschreiben, an dem sie vorgelegt werden müssen. Das Hausaufgabenheft ist ein kleiner Timer, ein Zeitmanagementsystem. Wie beim Zeit-Management in der Wirtschaft sind dabei einige Regeln zu beachten:
- Das Hausaufgabenheft gehört vorbereitet. Neben dem aktuellen Stundenplan im Cover sind für zwei bis drei Wochen die Fächer täglich vorzuschreiben und die Wochen mit dem Datum auszuweisen. Nutzen: Die einzelnen Tagesabläufe werden im Gedächtnis intuitiv abgebildet. Der Schüler nimmt den Ablauf BEWUSST war, weiß, was auf ihn zukommt. Das macht ruhiger und gelassener.
- Aufgaben werden GRUNDSÄTZLICH am Tag ihrer Fälligkeit notiert. Wünschen Eltern und Erziehungsberechtigte einen Überblick über das täglich erteilte Pensum, kann der Schüler zusätzlich vor den betreffenden Fächern ein Kreuz anbringen.
- Erledigte Hausaufgaben werden gekennzeichnet, aber NICHT UNLESERLICH GEMACHT! Ein Haken reicht.
- Am Abend, wenn die Schulsachen für den nächsten Tag vorbereitet werden, wird grundsätzlich das Hausaufgabenheft zu Rate gezogen. Während der Schüler die Materialien für die einzelnen Stunden zusammenstellt, fällt sein Blick beiläufig auf die Eintragungen. Ist hinter jeder Eintragung ein Haken, kann er zufrieden und ruhig den Tag beschließen, denn das signalisiert – ALLE HAUSAUFAGBEN erledigt.
- Zugleich ruft das Überfliegen der Eintragungen nicht nur die Hausaufgaben ins Gedächtnis zurück, auch die zurückliegende Unterrichtssituation wird – wieder intuitiv – in Erinnerung gebracht. Noch unsicheres Wissen kann auf diese Weise eine abschließende Festigung erhalten, ohne eine einzige zusätzliche Lernminute.
Einige aktuelle Beispiele von Hausaufgabenheften, aufgenommen in einer 6. Klasse der Realschule und einer 9. Klasse des Gymnasiums.
Ein reguläres Hausaufgabenheft; da ohne Vorbereitung der Tage und unkenntlich gemachte Einträge – wenig hilfreich
Auslagerung der täglichen Stundenverteilung spart das wöchentliche Vorbereiten; ein Beispiel einer effektiven Heftführung
Perfekte Heftvorlage mit nützlichen Kreisen für das Erledigt-Häkchen; korrekt geführt, eine vorbildliche und effektive Arbeitshilfe
Auch eine einfache Heftvorlage kann effektiv sein, ein Erledigt-Häkchen lässt sich auch ohne Kreis setzen; Heftführung ist wirksam und vorbildlich
Wenn die Stunden an den Rand gequetscht werden, wird selbst die perfekte Vorlage unübersichtlich; sonst ok
Griffige Heftvorlage; Fotos machen den Kalender bunter, lenken aber nur unnötig ab; besser sind Kalender OHNE ablenkende Zusätze
Effekive Führung des Hausaufgabenheftes; kleine Cartoons lockern alles auf, ohne abzulenken
Keine Wochenübersicht, kein strukturierter Tagesaufbau; KEIN Hausaufgabenheft; selbst als Kalender unpraktisch
Nichts gegen EIN Graffiti in einer langweiligen Stunde, oder EINE „abgebissene Ecke;“ wird das Heft aber als „Zeichenblock“ umfunktioniert, verliert es seine hilfreiche Wirkung
Diese Vorlage wurde in Oberurff angeboten; doch die vielen Textinformationen nehmen nur Platz zum Schreiben weg und lenken ab, unpraktisch auch das Fehlen einer Tagesgliederung; als Hausaufgabenheft eher ungeeignet
Problem erkannt – und noch verschlimmert; so könnte man die Erfinder dieses Anti-Hausaufgabenheftes für ihre Kreation beurteilen, eine unsinnige Struktur lässt kaum noch Platz zum Schreiben …
… und suggeriert – trügerisch – eine Woche ohne jede Verpflichtung; am besten schnell gegen ein alltagspraktisches Hausaufgabenheft austauschen!
Handhabung in Oberurff
Wer als Lehrer ahnungslos auf „normale“ Kalenderführung besteht, erntet zunächst einen Aufschrei des Entsetzens. Blanke Empörung der Schüler. Hauptargument: Haben wir immer schon anders gemacht… Aber schnell zeigen sich Effekte. So sinkt die Häufigkeit VERGESSENER Hausaufgaben UNMITTELBAR auf Ausnahmeniveau. Die Schülerinnen und Schüler lernen es schätzen, dass sich auf diese einfache Weise Stress abbauen und eine bessere Leistung erreichen lässt. Und wenn sie mal bei einem Bäcker landen sollten, muss der ihnen nicht erklären, wie man einen Kalender richtig führt.
Unabhängig davon, ob man das Hausaufgabenheft als Planungswerkzeug nutzt oder zur statistischen Erfassung von Hausaufgaben umfunktioniert, JEDER Schüler ist nach einem pädagogischen Beschluss zur ordnungsgemäßen Führung eines Hausaufgabenheftes verpflichtet.
Übrigens: Die Klassenbücher werden in Oberurff wie alle Kalendarien dieser Welt geführt – prospektiv ;;).
(*) Text/Bild: Andreas Bubrowski
Kommentare
Ich weiß :-((.
Cool, aber das mit den Klassenbüchern-ich will keine Namen nennen…das wird falsch gemacht von manchen Lehrern. MfG Sarah B.