Die moderne Leistungsgesellschaft – Fluch oder Segen?
Von Joshua Braun (Jahrgangsstufe 12)

Die heutige Gesellschaft fordert von jedem von uns immer höhere Leistungen, das merkt mittlerweile jeder. Vom jungen Schüler bis hin zum Manager eines großen Konzerns. Aber warum ist das eigentlich so? Natürlich, in einer Zeit, in der die Technologie von heute gestern schon veraltet ist müssen große Anstrengungen vollbracht werden, um mitzuhalten. Nützlich ist das Meiste von diesen Neuerungen auch, als bestes Beispiel wohl die enormen Fortschritte im Fachbereich Medizin.
Ob alle diese neuen Technologien nun gut oder schlecht sind, bleibt fragwürdig, vieles wird wohl auch zu verheerenden Dingen genutzt, auch hier ein Beispiel: Die ständige Überwachung von allen, der sogenannte gläserne Bürger. Aber um eine Wertung der Fortschritte soll es hier nicht gehen. Worum es hier gehen soll, ist, ob der ständige Leistungsdruck, unter dem sich jeder einzelne von uns, ob groß oder klein, befindet, gut oder schlecht ist. Wir geben alle alles, um mit anderen mithalten zu können, um bei anderen ein gutes Bild zu hinterlassen, um gute Noten zu erhalten oder unseren Lebensunterhalt zu verdienen und uns damit ein möglichst angenehmes Leben zu ermöglichen. Aber die Frage, die sich stellt, ist: bleibt bei all der Arbeit und all der Hektik denn überhaupt Zeit für das Leben? Es wäre wohl einfach oder zumindest einfacherer, auf dem neusten Stand zu bleiben, wenn wir mehr Zeit hätten. Aber Zeit ist bekanntlich Geld und Geld ist, besonders dieser Tage, immer knapp.
Immer mehr Leistung in immer weniger Zeit, so lautet das Motto. Jeden Tag gibt es mehr zu tun und je mehr man zu tun hat, desto weniger Zeit bleibt für das, was eigentlich wichtig ist im Leben: Familie, Freunde, Erholung, Entspannung. Für die Jüngeren die Möglichkeit, sich selbst zu finden und wichtige, soziale Erfahrungen zu machen, ja, sich überhaupt wirklich entwickeln zu können. Immer mehr Menschen fühlen sich dieser Tage ausgebrannt und überlastet, ja, unendlich erschöpft und immer mehr wissen oftmals gar nicht recht, wer genau sie eigentlich sind, haben keine wirklichen eigenen Ziele mehr, nur noch den Forderungen zu entsprechen. Man ist dann den halben bis ganzen Tag an der Arbeit oder in der Schule und kommt abends erschöpft nach Hause und sehnt sich zumeist nach ein wenig Erholung und Geborgenheit. Aber zuhause angekommen hört der Stress oftmals nicht auf, sondern geht lieber noch weiter. Da wartet der Haushalt, der gemacht werden will, die Hausaufgaben, die zu erledigen sind und die Menschen in unserem privaten Leben, um die wir uns kümmern möchten, die, mit denen wir Zeit verbringen wollen. Und wenn all das vorbei ist, kommen noch die eigenen Interessen, denen nachgegangen werden möchte, welche zwar zumeist erholsam sind, aber eben auch Kraft und Anstrengung kosten.
Entspannung finden wir zumeist viel zu selten, zum Erholen fehlt einfach die Zeit. So arbeitet und arbeitet und arbeitet man bis entweder Psyche oder Körper oder gar beides aufschreien und die Notbremse ziehen. Man wird krank, fühlt sich ausgelaugt oder bricht psychisch zusammen und ist nicht mehr fähig, die geforderte Leistung zu erbringen. Dadurch geht der Kreis jedoch nur von vorne los, das Verpasste muss ja aufgearbeitet werden. So erkranken immer mehr Leute an einer Krankheit, welche vor nicht all zu langer Zeit noch absolut exotisch und selten war: Burnout.
Abschließend stellt sich nun die Frage: Ist der rasante Fortschritt und die damit verbunden geforderten Leistungen nun ein Fluch oder ein Segen? Wachsen wir an der Herausforderung, immer mehr in immer weniger Zeit zu leisten oder gehen wir daran langsam zugrunde?
Kommentare
Es geht nicht darum das Arbeit nicht auch ein Teil des Lebens ist und das man auch während der Arbeit lebt, sondern darum das die Art und Weise wie die Arbeit heutzutage aufgebaut ist oftmals überfordernd, frustrierend oder deprimierend ist und das dieses dann wiederrum das Leben im gesamten stark erschwert. Klar, leben heißt auch einzustecken, es ist nicht immer rosig, aber keine Freude mehr zu haben (um es im Extremen auszudrücken) sollte auch nicht der Sinn des ganzen sein. Wenn das Berufsleben so belastend wird das es keine Möglichkeit des Ausgleiches mehr gibt, ist das dann ein angenehmes Leben?
Stellt sich da nicht auch die Frage des Sterbenden: Was hätte ich anders getan? Habe ich mein Leben sinnvoll gelebt?
Wird nicht allein durch diese Unsicherheit das gelebte negativ aufgegriffen? Habe ich nicht zu jedem Zeitpunkt die für mich, unter der Berücksichtigung der gegebenen Umstände, beste Entscheidung getroffen? Warum sind diese Parallelleben der anderen Entscheidungen so viel besser, sind wir zu schwach uns selber zu entscheiden, wie wir leben wollen, lassen wir uns die Zeit nehmen oder nehmen wir sie uns selbst? Warum kann die Arbeit nicht selber das Leben sein, leben wir denn demnach nur in unserer Freizeit? Eine Unterteilung zwischen Arbeit, Hobby und Leben findet bei mit nicht statt!
@Joshua: Wenn Arbeit dem Spannungsfeld von Fluch und Segen unterliegt, dann notwendiger Weise auch die „Freizeit“. Wobei zunächst der Begriff „Freizeit“ klar zu definieren wäre. Menschen etwa mit erfüllenden Aufgaben trennen das weniger als solche für die Arbeit lediglich notwendiges Übel zur Sicherstellung des Lebensunterhalts ist. Generell kennt nur der „kultürliche“ Mensch FREIZEIT. Es gibt keine Freizeit vom Atmen oder Herzschlagen… Die Natur und das ganze Universum kennen so etwas nicht…
@RaceOfficial: Wenn wir wirklich so viel Entscheidungsfreiheit hätten, warum sind dann Geburt und Tod scheinbar so völlig unabwägbar und vermeintlich „fremdbestimmt“; in jedem Fall nicht in unserer Hand? Also entweder bin ich Herr meiner selbst – komplett. Oder nur „partiell“ und damit gar nicht.
Ist die vermeintliche Entscheidungsfreiheit des Menschen daher womöglich ein Stück weit ILLUSION?
Mit Freizeit ist hier ein Ausgleich zu zu erbringenden Leistungen gemeint. Diese Leistungen sichern zum einen unseren Lebensunterhalt, zum anderen sind sie ein bestandteil unseres Lebens an dem man durchaus auch Freude haben kann, aber von dem man, wie von allem, man auch mal eine Auszeit benötigt. Natürlich braucht man auch von dieser „Freizeit“ auszeiten (Wie es so schön heißt: „Es ist schön mal auszuruhn und dann vom ausruhn auszuruhn). Wenn jedoch der Leistungsdruck so enorm wird das keine Ausgleich, keine Erholung, sprich keine Freizeit mehr zur Verfügung stehen wird es für die Psyche oftmals sehr belastend.
Die Entscheidungsfreiheit ist nur in soweit Illusion das wir kaum Möglichkeit haben über Beginn und Ende unseres Lebens zu entscheiden. Wir können jedoch in der Zeit die wir leben freie Entscheidungen treffen.
So sehe ich das.