Von Katharina von Urff (Lehrerin Deutsch/Geschichte)

CJD-Update-PicTrutzhain
(Foto: privat)

Trutzhain ist Hessens jüngste Dorf. Und auf den ersten, unwissenden Blick auch dessen hässlichstes. Denn keine schmucken Fachwerkhäuser zieren diesen Ort, sondern gleichförmige Baracken ordnen sich entlang den rechtwinklig abzweigenden Straßen. Kein Wunder – denn Trutzhain war eigentlich ein Lager. Ein Lager, in dem in 12 Jahren – von 1939 bis 1951 – Menschen aus ganz Europa unter dem 2. Welt- krieg und seinen Folgen litten. Die NS-Gedenkstätte Trutzhain, ein kleines Museum nahe Ziegenhain (Schwalm-Eder-Kreis), war das Ziel des Leistungskurses 12 Geschichte.

Vor Ort vermittelte uns Hr. Beckmann auf anschauliche (Film, Bilder) und sehr engagierte Weise, was sich auf diesem Gelände an Brutalität, aber auch an Lebenswillen im Lager abgespielt hat.

CJD-Update-PicSchüler des Leistungskurses 12 Geschichte

CJD-Update-PicHr. Beckmann in Aktion

In der ersten und längsten Phase (1939 – 1945) wurden im Lager ca. 10.000 Kriegsgefangene zunächst aus Polen, Belgien und Frankreich, dann auch aus der Sowjetunion (SU) und Italien untergebracht. Sie mussten Zwangsarbeit in der Landwirtschaft, in Steinbrüchen und in der Industrie leisten.

Durch Suchaufträge in den ausgestellten Dokumenten fanden die Schüler/innen heraus, dass besonders die Kriegsgefangenen aus Polen und aus der SU als Menschen zweiter Klasse behandelt wurden. Sie bekamen wenig und schlechtes Essen, waren bei einem Fluchtversuch sofort zu erschießen und wurden ohne Kreuz in Massengräbern verscharrt.

CjD-Update-PicBaracke, heute Wohnhaus

Ende März 1945 befreiten die amerikanischen Truppen die Gefangenen – und nutzten die Baracken gleich weiter für Mitglieder der SA, SS und anderer NS-Organisationen, deren Schuld (Stichwort: Entnazifizierung) nun überprüft wurde. Dieser Wechsel in der Nutzung war für Geschichtskenner noch nachvollziehbar.

Völlig überraschend aber war, dass im Sommer 1946 osteuropäische Juden, die den Massenmord in den deutschen KZs überlebt hatten, vor Pogromen in Polen und der SU (ca. 1000 Tote) ins Land der Täter flüchteten. „Das habe ich nicht gewusst.“ und „Das ist ja fürchterlich!“ – so die schockierten Kommentare der Schüler/innen. Die Juden aus Osteuropa gestalten sich das Leben in den Baracken u. a. mit religiösen Festen so erträglich wie möglich und bereiteten sich mit Englisch- und Hebräischkursen auf die Auswanderung in die USA oder nach Israel vor.

In der letzten Phase, 1948 – 1951, wurde das Lager schließlich zu Trutzhain. Vertriebene aus den ehemals deutschen Ostgebieten, die hier eine neue Heimat fanden, gaben dem Ort seinen endgültigen Namen. Aufbauwille und handwerklicher Unternehmergeist lassen die Siedlung bald aufblühen. Diese Baracken, inzwischen mit sehr unterschiedlichen Fassaden versehen, doch im Kern alle gleich, sahen wir nun mit ganz anderen Augen: als Schnittstelle von Schicksalen, gezeichnet vom Krieg. Besuch sehr zu empfehlen.

Website der Gedenkstätte: www.gedenkstaette-trutzhain.de

Hier Öffnungszeiten und Kontaktadresse.