Interview mit Monika Demgen (Vorstand BIO-MARKTGEMEINSCHAFT)
Wer sich vom Sendlinger Tor in der Münchner Innenstadt auf der Lindwurmstrasse in Richtung Südwest geduldig von Ampel zu Ampel schiebt, landet am Ende im Stadtteil Sendling. In Sendling eine Wohnung zu finden gilt als Glücksfall, denn der Stadtteil ist randvoll mit Kneipen, Biergärten und nur ein paar Radlminuten von City und Wiesn1 entfernt. Sendling ist deshalb besonders bei Kreativen beliebt.
Monika Demgen im Stemmerhof Sendling. Foto: privat
Gleich am Ende, wo die Lindwurmstrasse in eine noch stärker befahrene Ringstrasse mündet, gegenüber der alten Sendlinger Kirche, findet man den Stemmerhof, ein echter ehemaliger Bauernhof, ein Unikat auf Münchner Stadtgebiet. Im Zentrum der Anlage steht der gleichnamige Biomarkt. Dringt ein lautes helles Lachen nach außen, kommt es sehr wahrscheinlich von Monika Demgen (41). Sie ist Chefin2 hier und kennt sich in Sachen BIO natürlich aus. Im Interview klärt sie über Bio-Körbchen auf.
Interview Aufklärendes über Bio-Körbchen
CJD-UPDATE: Gibt es überhaupt schwarze BHs in „Bio-Qualität?“
Monika Demgen: Es gibt – soweit ich weiß – keinen echten schwarzen Bio-BH, aber es gibt ein wirklich gutes „Kompromiss-Produkt,“ das ich an dieser Steller bedenkenlos empfehlen würde.
Wo kann man die kaufen?
Wahrscheinlich am leichtesten im Internet, zum Beispiel unter Hess Naturwaren, Waschbär, Engel3 oder aber in den sogenannten Outlets, etwa von Hess.
Was ist eigentlich „Bio“ an Bio-BHs, was ist der Unterschied zu den giftigen Produkten.
Der Unterschied der BHs liegt in der Qualität des Rohstoffes. Es werden meistens mindestens 92 bis 98 Prozent KbA-Baumwolle4 eingesetzt, die OHNE Schadstoffe, gentechnisch veränderte Organismen, Kinderarbeit, etc. hergestellt wird (hier spielen ethische Argumente noch eine sehr große Rolle). Dem werden etwa zwei bis acht Prozent Elasthan zugesetzt, um eine stärkere Dehnbarkeit zu erzielen. Die Farben sind gerade im Schwarz-Bereich nicht aus natürlichen Rohstoffen (mineralische Pigmente) herzustellen, so kommen auch hier meistens synthetische Farben zum Einsatz, die zwar umwelt- und hautverträglicher fixiert werden, aber sicher nur ein Kompromiss sein können.
Wer stellt Bio-BHs wo her? Preise?
Die Baumwolle kommt zum Beispiel aus Indien, der Türkei oder Ägypten (hier ist als größtes Projekt sicher die Sekem-Farm zu nennen). Die Bearbeitung der Roh-Baumwolle erfolgt hier in Deutschland oder auch in Kroatien.
Bio-Klamotten sind doch immer schlabberig und werden nur von Ökos getragen?
Ich glaube, das sind nur noch Märchen aus alten Zeiten. Die Klamotten entsprechen heute einem ganz normalen Kleidungs-Standard und werden von ganz normalen Menschen getragen, die eben nicht nur auf gesunde Ernährung achten, sondern auch auf Schadstoffe in der Kleidung. Bio-Klamotten sind zum Beispiel selbst bei Neckermann zu bestellen oder bei H&M und C&A erhältlich. Wenn man hier ein bisschen im Internet recherchiert, kann man fast den Eindruck gewinnen, es handelt sich um einen Trend.
Mara Fischer.
Foto: privat
Kleidung soll ja nicht nur praktisch, zum Beispiel nicht giftig, sein, sondern auch schick aussehen. Das gilt auch für das Körbchen. Kann Bio da mithalten?
Auch bei den Bio-BHs gibt es Körbchen mit und ohne Bügel, Push ups, mit und ohne Spitze (verändert aber die Rohstoffzusammensetzung), in rot, gelb, schwarz bunt getupft, also eine ganz normale Auswahl, hier kann wirklich jeder etwas nach seinem „schicken“ Geschmack finden.
Interview: Mara Fischer (Klasse Gy-8b), Teaser: Andreas Bubrowski
Linksunten:
- Wiesn: kein Schreibfehler, sondern traditionelle Bezeichnung für die THERESIENWIESE, auf der das Oktoberfest stattfindet, auch Bezeichnung für das Oktoberfest selbst. ↩
- Der Stemmerhof gehört neben zwei weiteren Biomärkten zur BIO-MARKTGEMEINSCHAFT, einer Genossenschaft, zu deren Vorstand Monika Demgen gehört. ↩
- Hersteller von Kleidung in Bio-Qualität ↩
- KbA: Kontrolliert biologischer Anbau ↩
Kommentare
Erstmal super das Ihr Euch für dieses Thema und „Bio“ interessiert.
Zu lala möchte ich gerne noch Stellung nehmen:
Ich gebe Dir völlig recht, dass die Ware von H&M, Tschibo etc. nicht der „Weissheit letzter Schluß“ ist und die ethischen Werte wahrscheinlich nicht die Veranlassung zur Listung solcher Produkte waren (mir selber ist auch jedes konsequente Projekt wie z. B. die Sekem-Farm in Ägypten lieber).
Ttrotzdem muß man hier mal den Anfang einer Entwicklung sehen in die für uns richtige Richtung und es ist ganz klar, dass jedes halbwegs ökologisch erzeugte Produkt besser ist als die restliche Kleidungsproduktion. Ausserdem wird durch die Listung in grossen Handelsketten viel besser und schneller auf die Problematik beim Verbraucher aufmerksam gemacht als das die leider noch relativ kleinen Betriebe überhaupt finanziell könnten.
Vielleicht ist dieser Weg nicht der konsequenteste aber ich hoffe auf jeden Fall auch zielführend.
Das freut mich zu hören und erleichtert mich auch.
Ich finde es eine Sauerrei wie mit den Verbrauchern umgegangen wird, ich mein letztendlich sollte es um das wohl aller Menschen gehen und nicht nur derer die daraus Kapital schlagen, genauso wie die Krankenkassen bald nur noch kosten und nicht mehr helfen, wofür sie eigentlich konzipiert waren.
FÜR das System spricht, dass SCHWARZE Schafe IMMER relativ bald erkannt werden. Neulich hat ein Bauer mit Bioeiern (Niedersachsen?) gemauschelt. Ist raus gekommen und er aus der Bioliste geflogen. Vor Jahren haben türkische Bauern konventionelle Feigen unter Bioware gemischt, um die Bioprämie zu kassieren. Ist auch rausgekommen… Die Erzeuger wurden auf Jahre gesperrt… Mehr Details:
biosiegel.de
Ist der Begriff Bio Überhaupt Wirtschaftlich/Industriel definiert?
Sprich ist vom Staat festgelegt das Bio das und das ist?
Ich kenne das von dem Wort Frisch, das kann jeder Handel frei benutzten, heißt aber nicht das es auch frisch ist wie man es als normal verbrauch definiert.
Die Hersteller können frisch auch auf Kühlwaren und andere ältere Waren schreiben.
Jetzt nur mal so als Beispiel, ich hoffe ihr habt verstanden was ich meine.
MfG Went
Der Begriff BIO ist nicht nur industrieell definiert. Das Bio-Siegel steht für ein komplexes Gesetzeswerk der EU. Der Zuteilung des Siegels geht – insbesondere bei Erzeugern von Agrarprodukten – ein unfassender Prüfungsprozess voraus. Das aktuelle Bio-Siegel ist ein Kompromiss, eine Art „kleinstes gemeinsames Vielfaches“ aller relevanten Anbauverbände. Und genau daher nicht unumstritten, denn der Durchschnitt aller Kontrollkriterien kann immer nur ein Mittelmaß sein. Außerdem werden damit Anbauverbände mit „weichen“ Kriterien denen mit traditionell strengen Kontrollrichtlinien, wie Bioland, Demeter und Naturland, gleichgestellt. Daher ist es immer von Vorteil, wenn der eigentliche Anbauverband, dem ein Erzeuger untersteht, geprüft wird:
Übersicht namhafter Anbauverbände
@ lala: Aus genau den von Dir genannten Gründen habe ich ein ungutes Gefühl, bei Aldi und selbst bei Rewe Bio-Produkte zu sehen. Hier geht es nicht um ethische Ideal oder die Gesundheit der Leute, sondern allein ums Geld. Was direkt dazu führt, dass die Handelsketten versuchen, auf ihre Lieferanten/Produzenten einen Preisdruck auszuüben, was wiederum dazu führt, dass die Versuchung der Erzeuger steigt, die Biorichtlinien nicht immer ernst zu nehmen – oder Anbauverbänden mit „weichen“ Kontrollkriterien zu folgen.
Lösung: genau hingucken, was man wo kauft. Und auf die Anbauverbände achten. Das alles verlangt natürlich ein Mindestmaß an kritischem Unterscheidungsvermögen…
Erstmal ein Lob, dass das Thema hier aufgegriffen wird. Allerdings scheint mir die Argumentation teils naiv.
Wenn man hier erst diese Kriterien aufführt und im nächsten Schritt auch von H&M,C&A und Neckermann spricht, ist das irreführend, wie folgende Quellen zeigen:
zu H&M:
http://www.swr.de/report/presse/-/id=1197424/nid=1197424/did=4178514/dfqjmg/index.html
zu OTTO:
Statt das ambitionierte Biobaumwollprogramm “Purewear” zu fördern, schrumpft Otto dieses Programm zugunsten des Entwicklungshilfeprojektes “Cotton made in Africa”, für das Baumwolle weder fair gehandelt noch biologisch angebaut wird.
http://www.kirstenbrodde.de/?p=263
zu Tschibo, die auch „Bio-Baumwolle“ im Angebot haben: http://www.spiegel.de/fotostrecke/t-shirt-protest-demonstration-vor-der-tchibo-filiale-fotostrecke-32621.html
Was ich damit aufzeigen möchte, ist die Unwissenheit gutgläubiger Käufer, die fehlende Tranzparenz der Hersteller und natürlich das fehlende Engagement der Politik, wenn es um einheitliche Richtlinien und Kennzeichnungen geht. Dass es hier um kein unwichtiges Thema geht zeigt auch dieser Link:
http://www.morethanprettyknickers.com/
Wenn man es nicht ganz sicher anders wüsste, könnte man meinen, MARA und MONIKA sind verwandt, ODER? ;))